Back to frontpage
Startseite Formate Textbeiträge Low-Code ist TRUMPF

Low-Code ist TRUMPF

SAP Build Apps für Montageprozesse

Low-Code ist TRUMPF blaupause 1-24

Low-Code-/No-Code (LCNC)-Lösungen sollen hier schnell und unkompliziert helfen. Für sie sollen keine oder nur geringe Programmierkenntnisse aus­reichen, um Prozesse zu optimieren und Anwendungen anzupassen. Erste Erfahrungen mit dem Low-Code-Angebot SAP Build Apps hat die TRUMPF Hüttinger GmbH & Co. KG gesammelt und ihre Montage­prozesse in der Generatorenproduktion optimiert.

Die kontinuierlich steigende Nachfrage sowie die zunehmende Variantenvielfalt in den Kundenanforderungen stellen bei TRUMPF Hüttinger eine doppelte Herausforderung dar. Das stetig wachsende Auftragsvolumen erfordert eine effiziente Produktion von Generatoren, während gleichzeitig die steigende Komplexität innerhalb des Montageprozesses bewältigt werden muss. An der Montagelinie sind beispielsweise bis zu 80 verschiedene Varianten zu handhaben, die sich unter anderem in der Auswahl von Leiterplatten, Anschlüssen und Kühlsystemen unterscheiden.

Heiko Jehle, Digital Lean Consultant im Bereich Produktion bei TRUMPF Hüttinger
Heiko Jehle, Digital Lean Consultant im Bereich Produktion bei TRUMPF Hüttinger

Um eine größere Flexibilität zu ermöglichen und schnelle Lösungen zu entwickeln, setzt der Anbieter von Gleichstrom-, Mittel- und Hochfrequenzgeneratoren daher seit etwa drei Jahren auf eine Produktions-IT. „Das sogenannte Digital Lean Office ist an den Fachbereich angegliedert. Es hat neben den Tools, welche die IT zur Verfügung stellt, und den technologischen Kenntnissen auch das erforderliche Prozesswissen, um die notwendigen Optimierungen schnell umzusetzen“, erläutert Heiko Jehle, Digital Lean Consultant im Bereich Produktion bei TRUMPF Hüttinger. Er war maßgeblich an der Auswahl der Low-Code-Plattform sowie der Implementierung und Entwicklung der Worker-Guidance-Applikation beteiligt.

Dreh- und Angelpunkt für die Generatorenmontage

Bei der manuellen Fließmontage von Prozessstromversorgungsgeneratoren wird im 30-­Mi­nuten-Takt ein neuer Generator an den Stationen der Mitarbeitenden bereitgestellt. In der Ausgangssituation war dieser komplexe Montageprozess zwar bereits digital, jedoch ohne Struktur und ineffizient. „Neben der Montage als Hauptaufgabe mussten Mitarbeitende mehrere Dokumente in unterschiedlichen Anwendungen aufrufen und bearbeiten. Hierzu zählten neben unterschiedlichen Transaktionen im SAP Enterprise Resource Planning Central Component (SAP ECC) auch Arbeitsanweisungen und Checklisten in Word und PowerPoint“, beschreibt der Experte den alten Prozess.

Die manuelle Auswahl der notwendigen Werkzeuge benötigte zum einen viel Zeit. Zum anderen entstand durch eine komplexe und missverständliche Dateneingabe eine hohe Fehlerquote aufgrund eines fehlenden Poka-Yoke-Ansatzes. Was bis dato also nicht existierte, war eine Lösung als zentraler Dreh- und Angelpunkt, die die einzelnen Systeme in einer festgelegten Reihenfolge bereitstellt, die Daten weiterverarbeitet und auf diese Weise die Mitarbeitenden schrittweise durch den Prozess führt.

Schnittstellen und Integrationsmöglichkeiten ausschlaggebend

Bereits 2019 fiel der Startschuss für die Suche nach einer geeigneten Lösung. In einem ersten Schritt wurden am Markt vorhandene Angebote sondiert und Anbieter für einen Proof-of-Concept (PoC) ausgewählt. „Eines der Hauptauswahlkriterien war die Kompatibilität der Schnittstellen und Integrationsmöglichkeiten zum vorhandenen SAP-ECC-System“, sagt Heiko Jehle. Allerdings konnten selbst Anbieter mit SAP-Standardschnittstellen den Anforderungen und der Vorgehensweise bei TRUMPF Hüttinger nicht gerecht werden. Trotz der vorhandenen Schnittstellen wäre es zu einem hohen Programmieraufwand gekommen, da diese nicht mit den individuell angepassten SAP-Prozessen im Unternehmen kompatibel waren. Auch die Einbindung von Drittanbietern von Integrationsplattformen wur­de als zu komplex und nicht zielführend eingestuft. Der Koordinationsaufwand zwischen dem Anbieter, der internen IT- und der Fachabteilung wäre einfach zu hoch gewesen.

LCNC als Alternative zur Eigenentwicklung

Nachdem keine der getesteten Lösungen den Anforderungen standhielt, zogen die Expert:innen die Möglichkeit einer Eigenentwicklung in Betracht. „Wir haben an den Standorten Freiburg und Warschau eigene Teams, die Lösungen von Grund auf entwickeln und bereitstellen. Auf Basis eines vorhandenen Workflow-Management-Systems wurde ein Prototyp zur Abbildung des Prozesses der Werker-Führung in der Montage entwickelt, auch Worker-Guidance genannt“, erinnert sich Heiko Jehle.

Dem Wunsch, neue Anforderungen schnell umzusetzen und im Frontend sowie hinsichtlich der Funktionalitäten anpassen zu können, standen ein hohes Risiko und enormer Wartungsaufwand aufgrund fehlender Standardisierung gegenüber. „Wenn 1.000 Mitarbeitende mit dieser Lösung arbeiten und sie nicht funktioniert, muss permanent die Kapazität in den Entwicklungs-Teams aufrechterhalten werden, um die notwendige Wartung zu gewährleisten. Das Risiko und der Aufwand waren einfach zu hoch“, berichtet Heiko Jehle und ergänzt: „Basierend auf den Erfahrungen des PoC und des selbst entwickelten Prototyps ist dann die Entscheidung zugunsten einer Low-Code-/No-Code-Plattform gefallen.“

Integrationsfähigkeit ausschlaggebend

Für die Auswahl einer geeigneten Plattform wurde ein Solution-Scouting durchgeführt. „Wir waren fasziniert, wie schnell eine Applikation mit solchen Lösungen aufgebaut werden kann“, so Heiko Jehle. Das Scouting führte das Unternehmen schnell zur SAP-Build-Apps-Lösung, die auf der SAP Business Technology Platform (BTP) basiert. Diese ist zusammen mit SAP Build Process Automation bereits in einem PoC im Bereich Order-Fullfilment seit Mitte 2022 beim Mutterkonzern TRUMPF im Einsatz. Ausschlaggebend für die Wahl von Build Apps war damals, dass das Unternehmen die BTP bereits einsetzte. Damit einher geht die Nutzung der SAP Integration Suite.

Die Integration Suite ist speziell auf die Integration von Funktionsbausteinen des bestehenden ECC-Systems zugeschnitten. Dies ermöglicht die nahtlose Umwandlung veralteter Datenformate in einen Open-Data-Protocol (ODATA)-Service und deren direkte Nutzung durch die Anwendungen im Bereich Build Apps.

„Mit der entwickelten Worker-Guidance-Applikation für den Montageprozess auf der BTP werden nun alle Transaktionen an einem Ort zusammengeführt und um die notwendigen Prozessanweisungen der entsprechenden Montagetätigkeit in Schrift, Bild und Video erweitert. Zudem können wir flexibel weitere Systeme wie das Schraubsystem anbinden“, sagt der Digital Lean Consultant.

Wir waren fasziniert, wie schnell man eine Lösung mit Low-Code/ No-Code aufbauen kann.
Heiko Jehle bp 1-24
Heiko Jehle
Digital Lean Consultant, Industrial Engineering, TRUMPF Hüttinger GmbH & Co. KG

IT-Affinität ist ausreichend

Im Zuge des PoC wurde gemeinsam mit SAP das grobe Gerüst der Worker-Guidance-Applikation entlang der Anforderungen des Montageprozesses konfiguriert. Aus Sicht von Heiko Jehle benötigen Mitarbeitende jedoch keine vertieften IT- und Programmierkenntnisse. „Wenn im Fachbereich Personen arbeiten, die eine gewisse IT-Affinität besitzen und schon kleinere Programmierungen oder Mak­ros entwickelt haben, sind sie durchaus in der Lage, nach einer Schulung Low-Code-Applikationen selbstständig zu entwickeln.“

Nachdem die Entscheidung zugunsten Build Apps gefallen war, entwickelte das Unternehmen im ersten Schritt das Architekturkonzept. Die Funktionsbausteine wurden mit Unterstützung von SAP angebunden. Hier konnten die vorhandenen Standardkomponenten verwendet werden. Auf Basis des Grundgerüsts konnte die Worker-Guidance-Applikation schnell fertig umgesetzt und in den Testbetrieb genommen werden.

Flexible und einfache Anpassungsmöglichkeiten

Eingeführt wurde die App für den Testbetrieb mittels eines iterativen Ansatzes. „Die erste Version deckte zunächst etwa 80 Prozent der Prozessanforderungen ab. Die Anwendung wird nun schrittweise weiter angepasst und optimiert“, so Heiko Jehle. Entsprechend werden die fehlenden Anbindungen des Schraubsystems und eines Pick-by-Light-Systems nun nach und nach integriert. Dieses Vorgehen ist auch aufgrund der flexiblen und einfachen Anpassungsmöglichkeiten von Build Apps möglich. Rückmeldungen der Anwender:innen können unkompliziert umgesetzt werden und erhöhen so die Benutzerfreundlichkeit und Zufriedenheit – ein wesentlicher und nicht zu unterschätzender Aspekt im Change-Management-Prozess. Darüber hinaus ist die Worker-Guidance-App so intuitiv aufgebaut, dass keine Schulungen notwendig sind. Das vereinfacht die Einarbeitung von neuen Mitarbeitenden.

Erste Ergebnisse in kurzer Zeit realisiert

Derzeit ist die App noch im Testbetrieb an zwei Arbeitsplätzen mit aktuell vier Mitarbeitenden im Schichtbetrieb im Einsatz, und schon jetzt ist eine deutliche Produktivitätssteigerung zu verzeichnen. So konnte der Anteil der nicht-wertschöpfenden, administrativen Tätigkeiten im Montageprozess von bisher fünf Minuten deutlich reduziert werden. Die angestrebten zehn Prozent Produktivitätssteigerung sind zwar noch nicht ganz erreicht, aber Heiko Jehle ist sich sicher, dass dies beim Einsatz an weiteren Arbeitsplätzen der Fall sein wird.

Dementsprechend positiv fällt das Fazit seitens TRUMPF Hüttinger aus: Mit der Worker-Guidance-App nutzt das Unternehmen ein effektives Tool, dass den Montageprozess deutlich verschlankt und die Fehleranfälligkeit reduziert. „Das Konzept und die Flexibilität von Build Apps haben uns überzeugt, und weitere Projekte sind bereits in Planung“, erläutert Heiko Jehle. So sollen jetzt die mobilen Prozesse des bestehenden Lagerverwaltungssystems in Angriff genommen werden. Alles mit dem Ziel, Prozesse flexibel und schnell zu optimieren und zu verschlanken.

Bildnachweis: TRUMPF Hüttinger GmbH & Co.KG, iStock + Anna Polywka

Mehr zu diesem Tag

Mehr in dieser Kategorie

Mehr von diesem Format