DSAG-Expertengespräch: Die neue Arbeitswelt: Total normal?
Das globale und digitale Zeitalter verlangt nach neuen Arbeitsweisen in der neuen Normalität.
Damit muss sich jeder Arbeitgeber auseinandersetzen. Wie sich die Herausforderungen am besten meistern lassen, und warum es hilfreich sein kann, angelehnt an den Aufbau eines Hauses zu denken, erläutert im Vorfeld der DSAG-Personaltage 2022 Prof. Dr. Jutta Rump, Direktorin Institut für Beschäftigung und Employability IBE Ludwigshaften.
Warum sind die New-Work-Debatte und das Thema „Neue Normalität“ für den Arbeitsmarkt der Zukunft so relevant?
Wir lernen aus diesen Themen, dass sich bestimmte Megatrends nicht außer Kraft setzen lassen. Das gilt für die demographische Entwicklung ebenso wie für die digitale, ökonomische und ökologische Transformation – die sogenannte Transformations-Trilogie.
Wie definieren Sie New Work und New Normal?
New Work und New Normal sind zentrale Themen der Zukunft. Mit den grundlegenden Rahmenbedingungen und Faktoren der beiden Konzepte muss sich jeder Arbeitgeber auseinandersetzen und für sich die passenden Entscheidungen treffen. New Work, kombiniert mit dem Corona-Effekt ist ein Teil von New Normal. New Work vergleiche ich mit einem Haus.
Wie hat man sich dieses New-Work-Haus vorzustellen?
Das Fundament ist die gute Qualifikation und Kompetenz der Mitarbeitenden, kombiniert mit lebenslangem Lernen und einem Mindset basierend auf den Stärken und Talenten jedes Einzelnen. Eine zentrale tragende Wand ist die Vernetzung, eine weitere tragende Wand sind die agilen Arbeitsformen und eine andere ist Purpose, also die Sinnhaftigkeit. Die vierte tragende Wand ist die Balance in einer vollkommen beweglichen Welt. Die Decke des Hauses schließlich bilden die Arbeitsformen und -modelle, in denen sich das alles widerspiegelt. Und die Dachkonstruktion bildet die Architektur des Raums und der
Was verbinden Sie mit „Neuer Normalität“ in der Arbeitswelt?
Die „Neue Normalität“ wird zum einen mit der Transformations-Trilogie „digital – ökonomisch – ökologisch“ in Verbindung gebracht. Zum anderen gehen wir in der Neuen Normalität davon aus, dass es Knappheiten geben kann: Eingeschränkte finanzielle Mittel, Zeit als knappes Gut, Nachwuchs- und Fachkräftemangel. Darüber hinaus werden drei „Währungen“, also angemessenes Entgelt, Zeit als Währung und Purpose, zu den zentralen Faktoren der Attraktivität als Arbeitgeber. Drei Aspekte der Organisation, die mit agilem Arbeiten, mobilem Arbeiten sowie flexiblen Arbeitsformen umschrieben wird, gehen einher mit drei Formen der Zusammenarbeit – stationär, hybrid und virtuell.
Wie spiegelt sich die „Neue Normalität“ in den Organisationen wider?
Nehmen wir die Transformations-Trilogie als Beispiel nochmals in den Blick: Die Digitalisierung wird durch die Corona-Krise beschleunigt und findet in größerem Ausmaß als bisher statt. So nutzen eine Reihe von Unternehmen die Krisenzeit sowie die damit verbundene Disruption als Treiber der Digitalisierung von Prozessen, Strukturen und Geschäftsmodellen. Damit einher geht eine ökonomische Transformation. Schließlich ist parallel zur digitalen und ökonomischen Transformation die ökologische Transformation zu beobachten. Nicht wenige Unternehmen überlegen, welche gewohnten Abläufe möglicherweise anders – und nachhaltiger zu bewerkstelligen sind.
Inwiefern verändert die „Neue Normalität“ die Zusammenarbeit in den Unternehmen?
Wir müssen Menschen nach ihren Stärken und Talenten zusammenbringen. Wenn Mitarbeitende dann die Köpfe zusammenstecken, entsteht eine bestimmte Qualität von Kompetenz und Intelligenz. Diese kollektive Intelligenz – auch Schwarm-Intelligenz genannt – in der Vernetzung ist um ein Vielfaches höher als die Summe der einzelnen Intelligenzen. Die vernetzten Qualifikationen und Kompetenzen sind der Hebel für Innovationen, für Qualität, für Produktivität.
Was braucht es dafür?
Damit diese Gleichung aufgeht, müssen entsprechende Rahmenbedingungen gesetzt werden. Mit welchen Tools soll gearbeitet werden? Wie lassen sich die Menschen in den Teams befähigen? Damit sind wir bei den agilen Arbeitsmethoden, bei der Führungs- und Moderationsqualität, bei der Vernetzung und Partizipation. Und letztlich bei der Balance des Teams zwischen virtuellem und stationärem Arbeiten. Das ist das hybride Szenario, das uns Corona beschert hat.
Wenn wir uns fragen, wie eine mögliche Arbeitsorganisation aussieht, müssen wir den Fokus auf agile Arbeitsformen richten. Das bedeutet, mit einem hohen Grad an Selbstbestimmtheit und Selbstorganisation, sehr hierarchiefrei miteinander zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten. Die Menschen bringen sich in diese Logik voll ein, wenn sie einen Sinn darin sehen. Und das geschieht vor allem, indem sie nach ihren Stärken und Talenten gefördert und eingesetzt werden.
Was müssen Betriebe heute wissen, um möglichst attraktiv als Arbeitgeber zu sein?
Ich würde empfehlen, sich das New-Work-Haus anzuschauen und Antworten auf die Fragen zu überlegen, wie das Ganze umgesetzt und gestaltet werden kann. Und im nächsten Schritt kommen die Überlegungen, wie die Menschen dafür befähigt werden können. Wenn ein Arbeitgeber attraktiv sein will, geht es nicht um das angemessene Entgelt, das ist selbstverständlich. Es geht auch nicht nur um Sozialleistungen und die betriebliche Altersvorsorge. Es kommt auf das Mindset und die glaubwürdige Umsetzung des New-Work-Hauses an.
Wie wird die Arbeitswelt nach der Corona-Krise aussehen?
Die Entwicklungen, die die New-Work-Thematik getrieben haben wie die digitale und sozial-ökologische Transformation sowie die Fragen attraktiver Arbeitgeber aus der demographischen Transformation heraus – all dies hat durch Corona eine neue Geschwindigkeit, ein anderes Ausmaß und eine größere Intensität bekommen. Das ist jetzt die Normalität.
Was braucht es, damit Unternehmen in der „Neuen Normalität“ wettbewerbsfähig bleiben?
Attraktivität, um Mitarbeitende zu gewinnen. Denn der Arbeitgeber muss sich im Klaren sein, dass die potenziellen Arbeitskräfte Wahlmöglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt haben. Sie erleben aber auch eine Arbeitswelt, die sich immer schneller dreht, immer komplexer wird und sie müssen sich damit auseinandersetzen, vielleicht bald bis zum 70sten Lebensjahr. Vom Arbeitgeber wird erwartet, dass er zusammen mit den Mitarbeitenden an deren Kompetenzen und Qualifikationen arbeitet und sie so nach ihren Stärken und Talenten einsetzt. Aber die Mitarbeitenden müssen auch an ihrer Kompetenz, Motivation und Gesundheit arbeiten. In Bewegung bleiben, ohne die Balance zu verlieren, wird zur Kern-Kompetenz.
Herzlichen Dank für das Gespräch!
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