Es werde Licht
S/4HANA bei Tridonic – Zumtobel Group
Licht ist ein zentraler Faktor für die Lebensqualität. Hierbei unterstützen die Software- und Hardware-Systeme von Tridonic, der Technologietochter der Zumtobel Group, und ermöglichen einzigartige Lichtlösungen. Um den komplexen Bedürfnissen des Marktes gerecht zu werden, setzt das Unternehmen auf SAP S/4HANA und weitere Cloud-Lösungen. Wie genau diese zusammenspielen, erläutern Steffen Wiedemer, Head of Strategic Projects, und Christoph Heiss, CIO und CPO Zumtobel Group.
Tridonic GmbH & Co. KG
Tridonic ist das Technologieunternehmen der Zumtobel Group, einem international führenden Anbieter ganzheitlicher Lichtlösungen für die professionelle Gebäudebeleuchtung. Mit Hauptsitz in Dornbirn, Österreich, verzeichnete Tridonic im Geschäftsjahr 2022/23 einen Umsatz von 367 Mio. Euro. Das Unternehmen beschäftigt 1.687 Mitarbeitende und Vertriebspartner in über 70 Ländern.
Wie sehen die aktuellen Anforderungen Ihrer Kund:innen aus? Und wie begegnen Sie diesen IT-seitig?
Steffen Wiedemer: Die Erwartungen unserer Kunden sind über die letzten Jahre immens gestiegen, vor allem, was digitale Kundenerlebnisse betrifft. Architekt:innen bspw. erwarten Inspirationen zu Lichtkonzepten, Lichtplaner:innen hingegen benötigen konkrete Planungsdaten, um die technische Machbarkeit sicherzustellen. Einkäufer:innen von Handelskunden legen neben der schnellen Verfügbarkeit von Produktinformationen Wert auf eine nahtlose Integration ihrer Systeme, um Bestellprozesse möglichst effizient abwickeln zu können. Installateur:innen und Elektriker:innen wiederum benötigen Lieferdaten und einfache Erklärungen zu ihren gewünschten Produktinstallationen.
Christoph Heiss: Hinzu kommt: Sonderwünsche steigen, Lieferfristen werden kürzer, das Refurbishment bestehender Lichtlösungen immer wichtiger. Alles in allem also ein sehr diverses Spektrum an Anforderungen, das wir mit Hilfe eines modernen Informations- und Daten-Managements sowie digitaler Service-Tools entlang der gesamten Wertschöpfungskette abbilden. Allerdings war unsere SAP-Plattform über 20 Jahre gewachsen. Mit dem neuen S/4HANA-System legen wir die technische Grundlage für die Zukunft der Zumtobel Group.
Besonderheiten bei Tridonic
- Kein isoliertes Arbeiten in Silos: Fachbereiche sind klassisch in „Streams“ organisiert. Für bereichsübergreifende Prozessverbesserungen werden „cross-funktionale“ Arbeitsgruppen aufgesetzt (z. B. erforderte die Einführung eines neuen Business Partners die konzeptionelle Zusammenarbeit verschiedener Fachbereiche).
- Digitalisierungsausschuss im Aufsichtsrat: Digitalisierung des Unternehmens hat Top-Priorität und wird vom gesamten Unternehmens-Board und Aufsichtsrat mit einem klaren Mandat unterstützt.
- Change-Management: Veränderungen werden nicht top-down diktiert, sondern von Prozessexpert:innen im Unternehmen erarbeitet. Mittels Workshops wird der Status quo hinsichtlich neuer Potenziale hinterfragt.
- Fit-to-Standard: Um zu vermeiden, dass während der Transformation alte Prozesse wieder Einzug in das neue System finden, wurden Mitarbeitende motiviert, den neuen SAP-Standard zu prüfen und ihre Prozesse anzupassen.
Wie sieht Ihre IT-Antwort auf all diese Aufgaben aus?
Steffen Wiedemer: Wir haben eine digitale Strategie entwickelt, die wir in einem auf mehrere Jahre angelegten Transformationsprogramm konkretisieren und umsetzen. Aktuell laufen Digitalisierungsinitiativen in allen Bereichen des Unternehmens, die gleichzeitig auch die Basis für unsere Wachstumsstrategie sind. Unser Over-all-Ziel dabei: Eine maximal skalierbare IT-Landschaft, die uns langfristig dabei unterstützt zu differenzieren, wo Mehrwert geschaffen und wo standardisiert werden kann.
Christoph Heiss: Mit S/4HANA haben wir allerdings keine rein technische Implementierung verfolgt, sondern wollten im Rahmen unserer „Digitalen Agenda“ auch ganz klar Fragen beantworten, wie: „Wie stellen wir uns dem Kunden gegenüber einfacher auf?“ oder „Wie verbessern wir uns intern für unsere Mitarbeitenden?“. Wir verfolgen einen Greenfield-Ansatz mit klarem Fokus auf Customer-Centricity. Bezüglich des Hostings unseres Enterprise-Resource-Planning (ERP)-Systems haben wir uns für eine Private-Cloud-Lösung bei Kyndryl entschieden.
Welche SAP-Lösungen und -Services haben Sie dafür im Einsatz?
Christoph Heiss: Wir sind SAP-Kunden der ersten Stunde und sind quasi mitgewachsen. In den 80ern haben wir SAP R/2 eingeführt, 1995 dann den Nachfolger SAP R/3. Bis heute setzt Tridonic ein breites Spektrum an SAP-Anwendungen entlang der Wertschöpfungskette ein. Dabei liegt unser Fokus aber immer auf einer nahtlosen Integration und Interoperabilität, um nach außen die Customer-Journey zu optimieren und intern die Voraussetzungen für ein Data-driven-Enterprise zu schaffen. Dafür haben wir 2021 S/4HANA mit Business Intelligence (BI), SAP Analytics Cloud (SAC) und SAP Integrated Business Planning (IBP) eingeführt und ebenfalls 2021 auf Basis von SAP Commerce Cloud einen neuen Internet-Auftritt inklusive Webshop auf den Weg gebracht. Unsere Marketing-Aktivitäten steuern wir bereits seit 2021 mit der SAP Marketing Cloud, unsere Employee-Experience optimieren wir aktuell, indem wir SAP SuccessFactors einführen.
Inwiefern nutzen Sie die aktuellen Lösungen, um in Zukunft noch besser agieren und performen zu können?
Steffen Wiedemer: Daten sind das Rückgrat unserer digitalen Transformation. Und mit all unseren Aktivitäten schaffen wir heute auch schon die Potenziale für neue Geschäftsmodelle. Die Integration von Komponenten mittels Internet-of-Things (IoT), Künstlicher Intelligenz (KI), Big-Data-Szenarien und Automatisierungen sind Themenfelder, die nach der S/4HANA-Umstellung konsequent vorangetrieben werden. Heute profitieren wir auf jeden Fall schon an vielen Stellen von den neuen Lösungen, wie bspw. der SAC. Dank der Dashboards und der übersichtlichen Drill-down-Menüs können wir z. B. Abweichungen im Sales- oder Produktions-Dashboard direkt online analysieren und Handlungsnotwendigkeiten ableiten.
An welchen Stellen musste über den SAP-Standard hinausgedacht werden?
Steffen Wiedemer: Bei unserem Kerngeschäft und dessen Differenzierungsmerkmalen haben wir wichtige Anforderungen selbst realisiert, z. B. im Logistikbereich Funktionalitäten für das Cross-Docking. Hier galt und gilt es immer noch, die wirklich wichtigen Themen, die unser Geschäft von morgen ausmachen, zu identifizieren und dafür maßgeschneiderte Eigenlösungen anzubieten.
Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit SAP und deren Fokussierung auf die Cloud bzw. die Strategie dahinter?
Christoph Heiss: Grundsätzlich befürworten wir die Fokussierung auf die Cloud, wir nutzen ja auch viele dieser SAP-Lösungen. Aber auch mit unserer Konstellation – S/4 in der Private-Cloud-Edition bei einem anderen Hosting-Partner – ist es uns wichtig, immer an Innovationen von SAP partizipieren zu können – und das langfristig und zu transparenten und fairen Konditionen.
Gibt es Vorteile, die sich bereits konkret beziffern lassen?
Steffen Wiedemer: Wir haben eine lückenlos durchgängige Customer-Journey erreicht: Vom ersten Moment an, in dem der/die Kund:in Interesse zeigt und sich registriert, können wir ihn bzw. sie mithilfe unserer neuen Tools der E-Commerce- und Marketing-Plattformen sehr genau „verfolgen“ und so ansprechen, dass seine Fragen optimal beantwortet und seine Wünsche exakt erfüllt werden. Mittlerweile haben wir einen hohen Grad durchgängiger Prozesse und Daten erreicht, die vorher aufgrund diverser Schnittstellen einfach nicht möglich waren.
Christoph Heiss: Neben den Kund:innen stellen wir auch unsere Mitarbeitenden in den Mittelpunkt. Moderne Arbeitsplätze mit innovativen Arbeitsoberflächen sind dank S/4HANA inzwischen umgesetzt, und wir erleben eine klassische Win-Win-Situation: zufriedene Mitarbeitende sowie operative Exzellenz dank Prozessautomatisierung und einer einfacher nutzbaren Applikationslandschaft. Das unterstützt unsere Clean-Core-Strategie und hat z. B. unseren Custom-Code bereits um 60 Prozent reduziert.
Lessons learned
- Zeit: Zu lange Projektlaufzeiten sind unter volatilen Geschäftsbedingungen kritisch zu sehen und können sich negativ auf den Erfolg auswirken. Es empfiehlt sich, Veränderungen „klein und in verdaubaren Paketen“ in die Organisation zu bringen.
- Zieldefinition: Ein Projekt klein und damit erfolgreich zu halten, ist nur möglich, wenn die Ziele entsprechend abgestimmt sind. Atomisierbare Ziele sind erforderlich, mit welchen sich jedes Projektmitglied identifizieren und an denen es mitwirken kann.
- Verantwortlichkeiten: Transformationsprojekte greifen tief in die DNA eines Unternehmens ein und können komplexe Anforderungen an die Projektorganisation mit sich bringen. Deshalb braucht es eindeutige Verantwortlichkeiten – ein schlankes Projekt-Team mit einem klaren Mandat.
Stichwort KI: Gibt es hier bereits Projekte, wo diese konkret zum Einsatz kommt?
Christoph Heiss: Wir stehen am Anfang, haben aber klare Vorstellungen zu möglichen Einsatzgebieten. Im Moment stehen Absatz- und Produktionsplanung im Fokus, da wir uns hiervon viel Optimierungspotenzial versprechen. Ergänzend betrachten wir historische Daten zu Bestellungen und Absatz in Kombination mit Markt- und Prognosedaten. Uns interessiert z. B., wie sich die Bauindustrie entwickeln wird, wie wir eine möglichst exakte Absatzprognose für alle Produktfamilien und folglich eine korrekte Beschaffungs- und Produktionsplanung erreichen. Zu diesen Themen laufen Pilotprojekte.
Vielen Dank für das Gespräch!
Bildnachweis: Zumtobel Group/Tridonic GmbH & Co. KG
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