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Protokoll-Druide war gestern

Digitale Transformation im HR-Bereich

Tisch, auf dem ein altes Buch und Gemüse liegen

„Personalwesen“ ist ein Begriff, der bei Katja Müller, Leiterin Personaltransformation bei der LEAG, stets leichtes Unbehagen auslöst. „Das Wort steht für mich für Protokoll-Druiden, die Lohnsteuerklassen in irgendwelche Listen eintragen.“ Die heutige Wirklichkeit aber sieht anders aus, ist sie überzeugt. HR-Abteilungen sollten sich demnach nicht um stupide Handarbeiten kümmern müssen, sondern Partner der Unternehmensentwicklung und -strategie sowie insbesondere für die Beschäftigten sein. Auf die heute wichtigen entwicklungstechnischen Fragen der Human Ressources passende Antworten zu geben, dies ist die strategische Aufgabe der HR von heute.

Katja Müller, Katja Müller, Leiterin Personaltransformation bei der LEAG
Katja Müller, Leiterin Personaltransformation bei der LEAG,

Für jedes Unternehmen muss dies angesichts des bundesweiten Fachkräftemangels die Maxime sein. Es gilt umso mehr, wenn man sich die Marktposition der LEAG genauer betrachtet: ein Braunkohleverstromer, der angesichts des klimafreundlichen Umbaus unserer Gesellschaft vor einer radikalen Umwälzung seines Geschäftsmodells steht. Bis vor fünf Jahren gehörte das Unternehmen zum Vattenfall-Konzern, heute ist es mit 7.000 Beschäftigten eher ein größerer Mittelständler. Nicht nur, dass die Beschäftigtenzahlen künftig schrumpfen werden – auch für die bleibenden Angestellten müssen Tätigkeitsfelder geschaffen werden, die mit den früheren oft nur noch den Kern gemein haben.

Beschäftigten-Prozesse digital miteinander verknüpfen

„Genau deshalb müssen wir die Frage nach unserer Kernaufgabe stellen und wie sich diese im Laufe der kommenden Jahre transformieren wird“, erklärt Katja Müller. Es geht also – wie so oft – um die „Digitale Transformation“. Für die Lausitzerin ist „Digitalisierung“ ein schwammiger Begriff. Er fängt bei der Nutzung von Microsoft Teams an und hört beim Employer-Self-Service auf. „Wir in der HR verstehen darunter, Beschäftigten-Prozesse digital miteinander zu verknüpfen, so dass sie für alle Seiten performant ineinandergreifen. Dies fängt mit einem hybriden Onboarding-Prozess an, findet sich aber genauso in Erhaltungsqualifikation und Weiterentwicklung wieder.“

Am spannendsten ist für Katja Müller die Schnittstelle zwischen intern und extern. Dort also, wo die LEAG auf den Arbeitsmarkt trifft. „Drei-Klapp-Bewerbermappen will doch niemand mehr sehen. Die jungen Generationen sollen Karriereportale ohne analoge Barrieren nutzen dürfen, das ist auch für die HR-Abteilung eine deutliche Erleichterung.“ Genau deshalb hat der Mittelständler aus seinen Systemen Schnittstellen zu solchen Portalen geschaffen.

Die eigenen Kompetenzen besser kennenlernen

Neu ist außerdem das Tool „Kompetenzmatrix“, in dem jeder Beschäftigte eintragen kann, was ihn bzw. sie besonders auszeichnet. „Wer weiß, wenn jemand zum Beispiel bei der Freiwilligen Feuerwehr arbeitet und große Geräte fahren kann, dann passt das doch hervorragend zu unseren Riesen-Tagebaugeräten. ‚Wenn LEAG wüsste, was LEAG kann‘, lautet ein geflügeltes Wort bei uns.“ Hier sorgt die Kompetenzmatrix für Transparenz. Darin können die Beschäftigten über das aktuelle Stellenprofil hinaus in ihrer ganzen Persönlichkeit erfasst werden. Das hilft Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bestmöglich zu fördern und im Sinne der Zukunft des Unternehmens einzusetzen.

Die Human Ressources sind im Wandel und bei einem Unternehmen wie der LEAG noch einmal im doppelten Tempo. Nicht ohne Grund heißt der Bereich, den Katja Müller leitet, „Personaltransformation“. „Bis 2038 steigt Deutschland aus der Braunkohleverstromung aus“, blickt sie voraus. „Bis  dahin müssen wir die Zeit nutzen, das neue Geschäftsfelder entstanden sind, um die Zukunft unserer Beschäftigten sicherzustellen. Zwar wird es unter den jetzt 7.000 Beschäftigten zahlreiche Altersabgänge geben. Es bleiben jedoch noch immer mindestens die Hälfte an Arbeitskräften, für die wir auch in Zukunft ein einträgliches Geschäft bieten. Im besten Fall im Bereich Energie – denn das ist unsere DNA.“ Diese DNA zu kennen und die Herausforderungen von heute parallel mit den Anforderungen von morgen zu begleiten ist die Aufgabe der Personaltransformation.

Aus der eigenen DNA Neues entwickeln

Mit der Errichtung innovativer Batterie-Speicher, Gaskraftwerke und Erneuerbaren Anlagen führt das Energieunternehmen seine Beschäftigten behutsam an neue Geschäftsmodelle heran. Ein weiteres Beispiel: Ab 2024 wird der modernste Elektro-ICE in Cottbus gewartet. „Vom Bergmann zur starken Schiene“ ist die Basis für eine Kooperation mit der deutschen Bahn  in Sachen Ausbildung, Weiterbildung und Personaltransfers.

So kümmert sich das Unternehmen konkret um die Zukunft seiner Angestellten, die dann künftig in einem neuen Geschäftsfeld neue Aufgaben finden. Dafür müssen die IT- und HR-Systeme entsprechend flexibel ausgestaltet sein. Katja Müller: „Sie müssen vor allem einen Mehrwert für den einzelnen Beschäftigten bieten. Der Köder muss schließlich dem Fisch schmecken. Und um Prozesse anzupassen, möchte ich nicht immer die IT fragen müssen, Stichwort low code/no code.“

Die LEAG wickelt eine Reihe von Entwicklungsthemen im Transformationsprozess wie E-Learning, Kompetenzprofile oder Performance & Goals über SAP SuccessFactors ab und arbeitet dabei vielfach mit Apps. Wo die Reisekostenabrechnungen bislang über Exceltabellen lief, kommt dafür heute die Concur-App zum Einsatz; analog bei der Seminarbuchung. Die klassischen Bereiche Stammdaten, Personalakte, Entgeltabrechnung, Organisation und Administration bleiben weiterhin fest in SAP Human Capital Management (HCM) aufgehängt.

Katja Müller: „Bislang arbeiten wir hauptsächlich und sehr fokussiert mit SAP, sind aber nicht zu 100 Prozent festgelegt. Es muss halt zu uns passen.“ Um Serviceprozesse zu digitalisieren, ist nach ihrer Einschätzung zunächst eine vernünftige Prozessaufnahme erforderlich. Anschließend müssen die Schnittstellen definiert und die Mitbestimmung geregelt – sprich Betriebsrat und Datenschutz ins Boot geholt werden. „Bei der Durchführung kontinuierlicher Verbesserungsprozesse sollte man auch immer ein Preisschild drankleben“, so die Transformationsspezialistin. „Als HR müssen wir nachweisen, was man nun genau spart.“ Nur bei einem ist die LEAG-HR nicht sparsam: Zukunftsmodelle für ihre Beschäftigten auf Basis moderner IT zu schaffen.