Von der Steuerpflicht zur Kür
Neuer Tax Audit Assistant Service für Concur Expense
Eigentlich heißt es ja, „wenn einer eine Reise tut, so kann er/sie was erzählen“. Wenn es nach der deutschen Abgabenordnung geht, muss er oder sie jedoch auch Wirtschaftsprüfer:innen und Steuerbehörden davon erzählen und seine Geschäftsreisedaten zur Verfügung stellen. Damit diese künftig aus SAP Concur heraus aufgelistet, extrahiert und im standardisierten Dateiformat verfügbar gemacht werden können, haben DSAG und SAP gemeinsam einen neuen Service für Concur Expense erarbeitet: den Tax Audit Assistant. Was es damit auf sich hat, erläutern die Sprecher der Arbeitsgruppe Datenzugriff (GoBD/GDPdU) und der Arbeitsgruppe Concur.
Das Gespräch führte Julia Theis, blaupause-Redaktion
Vor welchen Herausforderungen stehen Unternehmen, die SAP Concur im Einsatz haben, bei der steuerlichen Außenprüfung?
Rolf Andres: Als SAP die Lösung Concur zugekauft hat, wurde schnell deutlich, dass die ursprünglich in den USA entwickelte Anwendung den Erfordernissen des deutschen Rechts nicht entsprach – vor allem des Handels- und Steuerrechts. Besonders deutlich wurde das beim Datenzugriffsrecht der deutschen Finanzbehörden. Konkret: Die Zugriffsarten Z1/Z2, also der direkte Zugriff auf die Daten der Cloud-Lösung, und Z3, die Datenträgerüberlassung in einem definierten Format, waren anfangs nur rudimentär vorhanden. Wenn SAP Concur für mehrere legale Einheiten auf einem System verwendet wurde, war eine Abgrenzung im Rahmen des Datenzugriffs auf den zu prüfenden Steuerpflichtigen gemäß der Prüfungsanordnung unmöglich.
Siegfried Krause: Der Zugriff auf das System über eine:n dedizierte:n User:in war von Anfang an möglich. Nicht möglich war ein dedizierter Zugriff ausschließlich auf die Daten, die im Rahmen der Betriebsprüfung bereitgestellt werden müssen.
Wie sah die Zusammenarbeit mit SAP bei diesem Dienst für Concur Expense aus?
Henning Burlein: Im ersten Schritt hat SAP Concur diesen Service exklusiv für einen begrenzten Kundenstamm entwickelt. Doch die Arbeitsgruppe Datenzugriff hat darauf bestanden, dass es eine für die Allgemeinheit verfügbare Lösung braucht, die den genannten Anforderungen genügen muss. Im Juni 2021 wurden diese Anforderungen dann im Rahmen unseres Arbeitsgruppentreffens SAP gegenüber adressiert. Schon damals war jedoch klar, dass dieser Service in der vorhandenen Form ausschließlich von dieser kleinen Kundengruppe eingesetzt werden konnte. Unsere Arbeitsgruppe begann deshalb, gemeinsam mit dem SAP-Projekt-Team an einem neuen und generischen Konzept zu arbeiten. Letztlich hat es sich über zwei Jahre hingezogen, bis ein Prototyp der Version 2.0 erstmalig im November 2021 von unserer Arbeitsgruppe getestet werden konnte.
Wie fiel das Feedback der Concur-Kunden zu diesem äußerst relevanten Thema aus?
Sven Externbrink: In der Arbeitsgruppe Concur wurde das Thema insbesondere bei Neukunden angesprochen. Denn: Oft wurde erst nach der Lizenzierung bemerkt, dass es diese „Lücke“ in der Lösung gibt. Die Anwender:innen waren sehr erstaunt. Positiv ist vor diesem Hintergrund, dass es ausreichend Zeit für einige Kundenunternehmen gab, diese Lücke zu schließen – umso wichtiger war der Austausch zwischen den verschiedenen DSAG-Arbeitsgruppen.
Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit?
Burlein: Nach einem sehr schleppenden Beginn hat sich mit einer der letzten Umstrukturierungen innerhalb von SAP und der Verfügbarkeit der Business Technology Platform (BTP) sowie den entsprechenden Entwicklungskapazitäten Vieles zum Guten verändert. Anfangs wurden die Entwicklungen noch in den USA verantwortet, und damit fehlte teilweise das Verständnis für die deutschen Anforderungen. Erkennbar war das z. B. daran, dass im Rahmen der Datenträgerüberlassung (Z3) nicht das beim Enterprise-Resource-Planning (ERP)-System von SAP eingesetzte SAP/AIS-Format zur Verfügung stand, sondern nur das in den USA gängige CSV-Format. Erst als Ressourcen in Europa bereitgestellt wurden, hat uns das gemeinsam einen großen Schritt vorangebracht.
Krause: Im Rahmen der Entwicklung der BTP wurde das Thema auch in der Arbeitsgruppe Concur diskutiert. Wir haben einen eintägigen Workshop dazu gemeinsam mit der Arbeitsgruppe Datenzugriff durchgeführt, der auf großes Interesse gestoßen ist. Insgesamt konnten wir an SAP viele wichtige Anforderungen bezogen auf den Concur Tax Audit Assistant weitergeben.
Arbeitsgruppe Datenzugriff (GoBD/GDPdU)
Die Arbeitsgruppe bietet eine Orientierungshilfe für die Abgrenzung der Daten, Datensätze, elektronischen Dokumente und sonstigen elektronischen Unterlagen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind. Dem einzelnen Steuerpflichtigen obliegt es, diesen Umfang nach seinen unternehmensindividuellen Besonderheiten zu verändern, um die Branchen- und Unternehmensspezifika seines Unternehmens zu berücksichtigen.
Wie machen Unternehmen, die SAP Concur derzeit ohne diesen neuen Service einsetzen, die Geschäftsreisedaten verfügbar?
Andres: Diese Unternehmen können nur die vorhandenen Bordmittel nutzen. Dazu gehört zwar die Möglichkeit eines reinen Lesezugriffs (Z1/Z2), allerdings ist je nach Datenstruktur teilweise keine Beschränkung auf eine rechtliche Einheit möglich. Es kann z. B. auch keine zeitliche Eingrenzung vorgenommen werden. Das bedeutet: Für User:innen sind immer alle Jahre bzw. Perioden sichtbar. Des Weiteren ist die Einschränkung auf den Außenprüfungszeitraum gemäß Anordnung technisch nicht vorgesehen. Insoweit kann das Risiko bestehen, dass Daten zur Verfügung gestellt werden, die nicht Bestandteil der aktuellen Außenprüfung sind. Damit kann vom Steuerpflichtigen auch kein Verwertungsverbot gegenüber den Finanzverwaltungen geltend gemacht werden.
Welchen Funktionsumfang soll der Tax Audit Assistant Service für Concur Expense den Anwenderunternehmen bieten?
Andres: Zunächst muss dieser Service den Anforderungen der Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form (GoBD) entsprechen. Davon muss unabhängig sein, welche Zugriffsart die Außenprüfer tatsächlich im Einzelfall nutzen. Dieser Service muss den Datenzugriff vollumfänglich zur Verfügung stellen. Das betrifft insbesondere die schon genannten Punkte: Zugriffsbeschränkung auf eine legale Einheit, Zugriffsbeschränkung auf den in der Prüfungsanordnung genannten Zeitraum und Bereitstellung der Daten im SAP-Audit-Format. Darüber hinaus ist aus Anwendersicht hilfreich, wenn die Zugriffe einfach zu administrieren sind. Gleichzeitig fordern die Finanzverwaltungen eine aussagekräftige und historisch nachvollziehbare Verfahrensdokumentation. Hier ist SAP gefordert, neben der verfügbaren Dokumentation auch für die der Historie zu sorgen.
Externbrink: Der Zugriff für Behörden sollte einfach und ohne umfangreiches Administrationswissen möglich sein. So lautete das Feedback zu verschiedenen Themen rund um die Concur-Lösung. Konkret heißt das, dass die Daten auf Knopfdruck bereitgestellt werden und eine intuitive Benutzendenverwaltung in diesem Service vorhanden sein sollte. Jeglicher Missbrauch sollte ausgeschlossen werden können. Über den rechtlich notwendigen Funktionsumfang hinaus ist uns wichtig, dass Kundenunternehmen diese Funktionalitäten den Finanzbehörden einfach und unkompliziert zur Verfügung stellen können.
Was müssen Unternehmen tun, um den Service einsetzen zu können?
Andres: Nach derzeitigem Wissensstand ist der Tax Audit Assistant Service eine weitere Anwendungskomponente für Concur Expense, die erworben werden muss und Lizenzgebühren kosten soll. Als DSAG fordern wir, dass das Lizenzmodell auch berücksichtigt, dass es sich um die Umsetzung legaler Anforderungen handelt. Dieser sollte in Deutschland eingesetzte Software grundsätzlich genügen.
Der Concur Tax Audit Assistant wird auf der Business Technology Platform zur Verfügung gestellt. Wie beurteilen Sie das?
Krause: Grundsätzlich sollten die Anforderungen der Finanzbehörden unabhängig von der technischen Plattform umgesetzt werden. Unsere Mitglieder in der Arbeitsgruppe erwarten generell bei einem Software-as-a-Service-Produkt, dass es nicht notwendig ist, die technischen Komponenten zu verstehen oder sich tief in die Lösung einzuarbeiten. Der Service sollte einfach zur Verfügung gestellt werden, ohne dass dafür Produktkenntnisse oder technisch bzw. fachlich etwas getan werden muss. Seitens SAP heißt es, dass die BTP nur das technische Vehikel für diesen Service ist. Entsprechend soll auch kein eigenes BTP-Konto benötigt werden. Aus Anwendersicht ist das begrüßenswert.
Welche offenen Punkte gibt es aus Sicht der DSAG-Anwenderunternehmen noch?
Burlein: Diese werden sich aus den anstehenden steuerlichen Außenprüfungen bei den Unternehmen in der nächsten Zeit ergeben – also, sobald erste Erfahrungswerte vorliegen. Die DSAG-Arbeitsgruppe Datenzugriff (GoBD/GDPdU) spricht regelmäßig mit den Expert:innengruppen beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt). Im Rahmen eines dieser geplanten Gespräche werden sicherlich auch weitere Anforderungen an die Weiterentwicklung des Tax Audit Assistant Service bekannt.
Externbrink: Der Betrieb und die damit verbundenen zusätzlichen Kosten sind ein zentrales Thema in der Arbeitsgruppe Concur. Kundenunternehmen erwarten, dass rechtliche Anforderungen wie z. B. Tagespauschalen oder der Zugriff der Finanzbehörden auf eine bereits lizenzierte und am Markt etablierte Lösung innerhalb der vorhandenen Software-Komponente erfolgt.
Arbeitsgruppe Concur
Business-Travel-Management ist ein komplexes Aufgabenfeld. Die Vielfalt der Aufgaben und Fragestellungen wird oft unterschätzt. Bei vielen Kunden mit internationalen Aktivitäten besteht Handlungsbedarf für die Vereinheitlichung der Systeme zur Reisebuchung und Reisekostenabrechnung. In der Arbeitsgruppe tauschen sich Mitglieder rund um den Geschäftsreiseprozess und funktionale Themen sowie Lösungsmöglichkeiten mit Concur aus. Vor allem die Besonderheiten des deutschen und europäischen Marktes und daraus resultierende Anforderungen werden mit dem Anbieter erörtert und umgesetzt.
Was fordern Sie als DSAG-Vertreter:innen hinsichtlich der Weiterentwicklung des Concur Tax Audit Assistants?
Andres: Die steuerlichen Anforderungen entwickeln sich mit der Zeit weiter. Daher ist es wünschenswert, dass SAP diesen Service in Abstimmung mit den entsprechenden DSAG-Gremien zeitnah weiterentwickelt.
Krause: Aus unserer Sicht besteht nur eine wesentliche Anforderung – die erforderlichen Zugriffe der Finanzbehörden müssen den Unternehmen einfach und kostengünstig zur Verfügung gestellt werden, ohne dass sich die Mitarbeitenden erst einarbeiten müssen.
Vielen Dank an alle Beteiligten für das interessante und informative Gespräch!
Bildnachweis: DSAG, Shutterstock + Daniella Winkler
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